Carried Memories

Meine Faszination galt schon immer der Frage, wie Objekte, Erinnerungen und Geschichten miteinander verwoben sind, um unsere Identität zu formen. Darum entschied ich mich im Rahmen des Migrations Design Modul die Beziehung zwischen Mensch und Objekt zu erforschen, um ein neues Verständnis von Migration und Zugehörigkeit zu schaffen. Vier Menschen, vier Geschichten – eine Reise durch kulturelle Identität und persönliche Erlebnisse.

Das «Carried Memories» Projekt entstand aus dem Interesse, die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Objekt näher zu beleuchten – ein Thema, das von Aida Bosch treffend beschrieben wurde: «Die Dinge des Menschen [...] sind elementar und existentiell an der Konstitution von Identität beteiligt.» Für viele Menschen mit Migrationsgeschichte werden diese «Dinge» zu Brücken zwischen ihren kulturellen Welten. In Interviews mit vier Personen, die unterschiedliche Wurzeln haben, zeigt sich, wie tief Objekte, Rituale und Erinnerungen im Aufbau von Identität verankert sind.






«AUCH WENN ICH MICH VON DER RELIGION DISTANZIERT HABE, IST DIE BIBEL EIN TEIL MEINER GESCHICHTE, MEINER HERKUNFT»
– Nicolas Alexander Mrowietz


Nicolas sieht sich selbst nicht als geteilte Hälfte, sondern als «100% Schweizer und 60% Brasilianer». Für ihn ist Identität keine feste Aufteilung, sondern eine Bereicherung über die Kulturgrenzen hinweg. Sein Symbol für die Verbindung zu Brasilien ist eine alte Bibel seiner Grossmutter. Sie steht nicht nur für die Religion seiner Familie, sondern für das Gefühl von Geborgenheit, das ihm in einer Welt voller Unterschiede Halt gibt.








«DAS ARMBAND MEINER MUTTER BEGLEITET MICH IMMER – JEDER KNOTEN STEHT FÜR EINEN WUNSCH, DAS GIBT MIR EIN GEFÜHL VON SCHUTZ»
– Lisa Alondra Schüpbach


Lisa bewegt sich zwischen der dominikanischen und der schweizerischen Kultur – zwei Welten, die in ihrem Alltag oft aufeinandertreffen. La Pulsera Roja, das Armband das ihre Mutter für sie geknotet hat ist ein Symbol für Schutz und Verbindung. Jeder Knoten steht für einen Wunsch, und auch wenn Lisa es anfangs skeptisch trug, ist es heute ein Teil von ihr: «Es begleitet mich schon seit 3 Jahren, es gibt mir ein Gefühl von Sicherheit.» 









«ICH BIN NICHT AN DINGE GEBUNDEN, SONDERN AN ERLEBNISSE UND ORTE, DIE MEINE GESCHICHTE ERZÄHLEN»
– Sebastian Jakob Pazmandi


Sebastian hat Wurzeln in der Slowakei, Ungarn, Kanada und der Schweiz. Seine Identität ist geprägt von vielen Kulturen, aber Heimat findet er vor allem im Gefühl, das Orte, Gerüche und Erinnerungen in ihm auslösen. Ein Bild seines Heimatdorfes in der Slowakei hat für ihn einen besonderen Wert – es erinnert ihn an seine Mutter und an die traditionellen Feste, die sie gemeinsam dort gefeiert haben. 








«MIT DER ZEIT HABE ICH GELERNT, DASS BEIDE KULTUREN MICH BEREICHERN – ICH MUSS MICH NICHT ENTSCHEIDEN»
– Sara Maki


Sarah sieht ihre portugiesisch-libanesische Herkunft als eine Chance, die Welt mit unterschiedlichen Augen zu sehen. Ihr Erbe ist keine Last, sondern eine Bereicherung, die ihr hilft, in verschiedenen Umgebungen zu Hause zu sein. Portugiesische Ohrringe und das libanesische Gewürz Za’atar sind für sie Symbole, die ihre kulturellen Wurzeln sichtbar machen – kleine Dinge, die grosse Geschichten erzählen.





DIE VERBINDUNG VON MENSCH UND OBJEKT
Durch das Projekt habe ich gelernt, dass Identität weit über Herkunft oder Pässe hinausgeht. Die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, haben ihre Geschichten durch Objekte wie ein Armband oder eine Bibel geteilt – Dinge, die Erinnerungen und Zugehörigkeit symbolisieren. Diese Objekte verkörpern ihre Verbindungen zu ihren Wurzeln und Kulturen. Was mich besonders berührt hat, ist die Erkenntnis, dass wir alle durch solche kleinen, aber bedeutungsvollen Dinge unsere eigene Identität gestalten und immer wieder neu entdecken.



LORENA GAMPER